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Zu den „dienstältesten“ Gemüsesorten aus Deutschland zählt die Tomate 'Lukullus‘. Züchter war Franz Staib. Er arbeitete von 1903–1914 als Inspektor bei der Samenzüchterei Martin Grashoff in Quedlinburg und der Terra AG in Aschersleben (Röbbelen, G. (Hrsg.) 2009).

1907 führte Staib Kreuzungsexperimente mit den Sorten 'Dänische Export‘ und 'Juwel‘ durch. Er sagt dazu in Möllers Deutscher Gärtner-Zeitung (Staib 1918): „Von Export sagte mir die Form, von Juwel die (glänzend rote) Farbe zu. Export dünnhäutig, Juwel widerstandsfähiger.“ Mit den Nachkommen von 1908 war Staib anfänglich nicht zufrieden: „Die Pflanzen entwickelten sich derart robust und hoch ins Kraut, daß ich drauf und dran war, die kleine Anpflanzung verschwinden zu lassen. Da entdeckte ich Blütenansatz, und die Weiterentwicklung zeigte ein so erfreuliches Ergebnis.

Bereits 1910 erfolgte die Einführung von 'Lukullus‘ in den Handel. Im gleichen Jahr wird die Sorte in der Liste hervorragender Gemüsesorten auf der Ausstellung des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues in Berlin geführt (Amelung 1910). 1911 ist sie unter anderen im Katalog von Liebau & Co. Erfurt auch außerhalb der Vorharzregion zu finden (Liebau & Co. 1911). Sie wird als hervorragende Marktsorte mit außerordentlichem Wohlgeschmack beschrieben. Ferner werden ihre Frühreife und Ertragsfähigkeit hervorgehoben.

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Abb. 1: Die Sorte 'Lukullus‘ im Hauptkatalog 1911 der Firma Liebau & Co. Erfurt.

Bereits 1911 avancierte 'Lukullus‘ zur beliebtesten Tomatensorte in Deutschland. Bei einer Umfrage unter 82 Tomatenzüchtern votierten 38 für die Sorte aus Aschersleben. 'Geisenheimer Frühe‘ erhielt nur noch 29 Stimmen und auf dem dritten Platz landete 'Dänische Export‘ mit 20 Stimmen (Böttner 1911).

Auf Grund ihrer großen Ertragsstabilität in unterschiedlichen Anbauregionen und des relativ frühzeitigen Erntebeginns unter den damaligen Sorten, war sie ein begehrter Kreuzungspartner. So ist zum Beispiel die Sorte 'Bonner Beste‘ aus einer Kreuzung zwischen 'Lukullus‘ und 'Erste Ernte‘ hervorgegangen (Löbner 1919, 1922). Bei Pfitzer in Stuttgart gelangte 1918 die Sorte 'Triumph‘ in den Handel (Pfitzer 1921), eine Auslese aus 'Lukullus‘ (Löbner 1919).

Mitte der 1930er Jahre erfolgte in Deutschland eine Sortenbereinigung, um die hohe Anzahl der Sorten zu reduzieren. Viele der gehandelten Sorten waren sich sehr ähnlich, teilweise sogar nur Umbenennungen. Ab 1937 waren nur noch elf Sorten zugelassen, dazu gehörte 'Lukullus‘. Auch nach dem zweiten Weltkrieg konnte sich die Sorte behaupten. Von 1948-1960 führte die Zentralstelle für Sortenwesen der DDR 'Lukullus‘ in ihrer Sortenliste.

Bis in die heutige Zeit hinein hat 'Lukullus‘ ihren Platz unter den Hobbygärtnern als Liebhabersorte gefunden. Viele Samenhändler bieten sie nach wie vor an.

'Lukullus‘ wird als Rote-Liste-Sorte der historisch genutzten Gemüse in den Pflanzengenetischen Ressourcen Deutschlands (PGRDEU) aufgeführt. Die Sorte wird im VEN (Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt) als Erhalterring-Sorte bearbeitet.

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Abb. 2: Stabtomate ‘Lukullus‘, © Gisa und Heinz-Dieter Hoppe

'Lukullus‘ ist eine mittelfrühe Sorte mit einem sicheren Ertrag unter unterschiedlichsten Umweltbedingungen. Die roten Früchte sind mittelgroß, glatt, rund und weitestgehend platzfest (Abb. 2). Vom Typ entspricht sie einer Salattomate, die ausgewogen im Geschmack ist, nicht zu sauer, aber auch nicht zu süß. Das ist wahrscheinlich das Geheimnis ihrer über 100 Jahre dauernden Nutzung.

Literaturverzeichnis

Amelung (1910): Liste hervorragender Gemüsesorten, welche auf der Gemüse-Ausstellung des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues vom 29. September bis 2. Oktober 1910 vertreten waren. In: Gartenflora (Hg.): Zeitschrift für Garten- und Blumenkunde. Berlin: Kommissions-Verlag von Rudolf Mosse (59), S. 497–498.

Böttner, Johannes (1911): Tomatenbuch. Anleitung früh und reichlich reife Tomaten zu gewinnen. Frankfurt/O.: Trowitzsch & Sohn.

Liebau & Co. (1911): Hauptkatalog 1911. Erfurt.

Löbner, Max (1919): II. Bericht über die Tätigkeit der gärtnerischen Versuchsanstalt der Landwirtschaftskammer für die Rheinprovinz im Berichtsjahre 1918. Bonn: Verlag der Landwirtschaftskammer für die Rheinprovinz.

Löbner, Max (1922): Die Einzelauslese. In: Die Gartenwelt XXVI (25), S. 257–259.

Pfitzer, Wilhelm (1921): Hauptpreisverzeichnis über Samen - Knollen - Pflanzen 1921. Stuttgart.

Röbbelen, G. (Hrsg.) (2009): Biographisches Lexikon zur Geschichte der Pflanzenzüchtung. Band II, N - Z. 2. Aufl. Göttingen: Gesellschaft für Pflanzenzüchtung (Vorträge für Pflanzenzüchtung, 66).

Staib, F. (1918): Pflanzenzucht und Züchter. In: Möllers Deutsche Gärtner-Zeitung 33 (6), S. 46.

 

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