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Eine Herausforderung der Robert Bosch Stiftung Stuttgart

Nach der juristischen Vereinigung Deutschlands vom 3. Oktober 1990 hatte die Robert Bosch Stiftung Stuttgart das Programm „Orte deutscher Geschichte in den neuen Bundesländern“ aufgenommen. Es sollte historisch interessierten Bürgergruppen Anregungen und Hilfen geben, die Ortsgeschichte als Teil deutscher Geschichte und europäischer Zusammenhänge neu zu erschließen. Derart diente das Programm in Ost und West auf unterschiedliche Weise der Wiedergewinnung gemein-samen historischen Terrains. Unser an der „Hauptstraße der Geschichte“ gelegenes Quedlinburg sollte unter allen Umständen zu den vermittelnden Orten zählen. Das ist gelungen.

 

Vereinsübergreifende Projektarbeit

Im Februar 1997 wurde das Ausstellungs-Förderkonzept zum Thema „Quedlinburg - ein klassischer Stadtlebenslauf in Urkunden für Deutschland“ vorgestellt. Etwa 800 Urkunden gibt es im Zusammenhang mit der Quedlinburger Stadtentwicklung, 25 davon wurden ausgewählt. Mit der Auswertung der Urkunden wurde der Quedlinburger Historiker Winfried Korf beauftragt. Landeshistorikerin Dr. Gerlinde Schlenker von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und Professor Dr. Hans Schulze von der Philipps-Universität Marburg / Lahn kamen nach Quedlinburg, um das Projekt wissenschaftlich zu betreuen.
 

Schon früh Ausstellungsmitstreiter gefunden



Stiftungsprogrammpartner am 15.10.1998 auf Ausstellungs-Visite in Quedlinburg: (von links nach rechts) • Prof. C.-P. Groß, Ausstellungsdesigner, Berlin • M. Mittelstaedt, Projektleiter Ausstellungsobjekt „Quedlinburg“, • Museumsrat H.-R. Merten, Projektberater, Berlin • Prof. Dr. H. Schäfer, Präsident der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, Bonn • Prof. Dr. B. Graf, Leiter des Institutes für Museumskunde, Berlin, Programmbeirat



Teilnehmer aus ganz Deutschland waren 1998 zum Projektseminar "Orte deutscher Geschichte in den neuen Bundesländern“ nach Quedlinburg gekommen. Die QLB-Projekt-Bearbeiter waren die Gastgeber.
 
Am 8. Februar 1999 war die feierliche Ausstellungseröffnung in Quedlinburg. Sie wurde mit einer landesbedeutenden „Ottonen-Tagung“ verbunden und erinnerte ehrend an den 1000. Todestag der Quedlinburger Kaisertochter und Reichsäbtissin Mathilde (Regentschaft 966 - 999).

Quedlinburg, Station auf der Suche nach dem Weg der Einheit Deutschlands



Der Quedlinburger Burgberg ist mit Urkunde Heinrichs I. vom 16. September 929 der Verhandlungs- und urkundlich  bezeugte Gründungsort der deutschen Einheit, deren erste Grundlage die Vereinigung der deutschen Stämme war.
 


Die erstmals unter König Heinrich I. vereinten deutschen Stämme wurden die Bauherren unserer werdenden Nation, die KÖNIGSHERRSCHAFT QUEDLINBURG unser aller „GEBURTSORT“.
Die Karte zeigt die Stammesgrenzen im 10. Jahrhundert.
(Quedlinburg Kartenquelle: Historiensammlung Mittelstaedt)

 

Etwas Bleibendes vor Jahren geschaffen

Die 1997 „geborene“ Tafel-Ausstellung „Quedlinburg - ein klassischer Stadtlebenslauf in Urkunden“ ist zwischenzeitlich als Dauerpräsentation täglich in der Marktkirche jedermann zugänglich. Die Arbeit unter der Projektverantwortung des Kultur- und Heimatvereines Quedlinburg schuf hier etwas Bleibendes, das wichtig ist für die Stadt, für unser Land.

Das „berühmte Quedlinburg“ macht auch hier sichtbar, dass sein „bedeutendes Leben“ in gewisser Weise das Leben unserer Nation ist. Diejenigen, die bisher ohne Anschauung der Kulturstadt waren, sind überwältigt von seinen Zeugnissen. Quedlinburg muss als eine solche Bildungszentrale von Rang am geistigen, kulturellen Leben unserer Zeit teilnehmen. Es ist mit seiner Kulturhistorie in jedes politische Geschehen einbezogen, auch in die politischen, kulturellen, wirtschaftlichen und sozialen Einheits-Probleme unseres wiedervereinigten Deutschland. Die Tafelausstellung ist ein bleibender vereinsübergreifender Beitrag, der gegenwärtig seinen 10. „Geburtstag“ begeht.


Die heutige Weltkulturerbestadt Quedlinburg ist der Gründungsort der deutschen Einheit

Das bezeugt die Quedlinburger Königsurkunde Heinrichs I. vom 16. Sep-tember 929. Sie ist als Bestandteil der bedeutendsten deutschen Ge-schichtsquellensammlung, der 1879 veröffentlichten MONUMENTA GERMANIAE HISTORICA (Denkmäler der deutschen Geschichte), eine der Haupturkunden der Quedlinburger „Urkunden-Ausstellung“.
Am Königshof der Pfalzstadt / Burgstadt Quedlinburg hatten sich im September 929 die Reichsfürsten von Adel und Klerus zum Hoftag ver-sammelt. Drängende Politik der Zeit galt es zu besprechen und gewichtige Entscheidungen zur erstmaligen Schaffung einer deutschen Einheit zu treffen.
929, im zehnten Jahr seiner Herrschaft, hatte König Heinrich I. eine erste Zentralmacht-Verbindung der Stammesverbände des frühfeudalen deut-schen Staates erreicht. Er erhielt auf dem Hoftag in der Quedlinburger Pfalz die Zustimmung der maßgeblichen Vertreter des Adels, seinen Sohn Otto zu seinem Nachfolger vorzuschlagen. Starke Könige desi-gnierten ihren Nachfolger bereits zu Lebzeiten. Mit dieser Maßnahme wurde das Unteilbarkeitsprinzip des mittelalterlichen deutschen Reiches entwickelt. Das war eine Entscheidung von geschichtlicher Dimension auf dem Weg zu einem deutschen Einheitsstaat. Die von Heinrich I. getroffene Nachfolgeregelung sicherte endgültig das Prinzip der Unteilbarkeit des Reiches als wichtigste Voraussetzung für eine Staatseinheit mit Zukunft.
Mit der königlichen Beurkundung vom 16. September 929 (actum in loco qui dicitur quitilingaburg) macht Quedlinburg mit seinem „Lebenslauf in Urkunden“ sichtbar, dass die Weltkulturerbestadt der beurkundete Gründungsort der deutschen Einheit ist.

 

In Quedlinburg lebendig gebliebene Zeugnisse auf dem Weg zur nationalen Einheit

Die Stiftskirche Quedlinburg hat ihre praktische urbane Zweckbestimmung als festliche Königskirche des ersten deutschen Herrschergeschlechtes,  der Ottonen, verloren. Sie erfüllt heute die höhere Funktion als Symbol des Gründungsortes des ersten, des frühfeudalen deutschen Einheitsstaates. Ihr „Schatz der ersten Kaiser und Könige“ (Domschatz), sakrales Nationalgut und Symbol der Einheit Deutschlands, ist seit   dem 19. September 1993 wiedervereint  in  der  Quedlinburger  Stiftskirche  zu  bestaunen.

 

Mit der politischen Wende  von 1989 und der folgenden Wiedervereinigung Deutschlands vom 3. Oktober 1990 wurden noch zu DDR-Zeiten geplante Abrisse von Teilen der Quedlinburger Altstadt verhindert, der Verfall aufgehalten. Förderprogramme ermöglichen seitdem komplexe Sanierung und Modernisierung der denkmalgeschützten  Altstadt.

 

Dagegen sind  Quedlinburgs ruinöse Gewerbegebiete infolge der Gewerbeniedergänge der Nachwendezeit negativ stadtprägend. Doch am Umgang mit diesen ruinösen Quartieren werden sich die Lebensfragen der Stadt  Stadt  entscheiden. Das Einheits-Ziel kann hier nur lauten: In der Stadt darf nicht die Arbeit verschwinden, weil mit ihr die Zukunft verschwindet.

Geschrieben von Manfred Mittelstaedt mit freundlicher Unterstützung des "Quedel"-Verlages

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