Der Wald lebt !
Die Mitteldeutsche Zeitung titelt auf einer ersten Seite: „Der Wald stirbt auf Raten“ ! Hinzugefügt wird: „Dürre und Schädlinge zwingen den Wald in die Knie“. Natürlich sollten wir dies in erster Linie als eine journalistische Übertreibung verstehen ! Der Wald lebt – aber er verändert sich.
Natürlich reagiert er auf Veränderungen bezüglich seiner Wachstumsbedingungen.
Ohne Zweifel – unendlich große Fichtenflächen sind abgestorben. Dazu muß aber auch gesagt werden, dass Forstfachleuten wohl immer bewußt war, dass die Fichte nicht in die Wälder des Unterharzes gehört, weil für ihre optimale Entwicklung höhere Niederschlagsmengen erforderlich sind. Der Fichtenanbau war deswegen immer Risikoanbau – auch wenn dies mehr als 100 Jahre lang gut ging . Die Vorteile der Fichte – ausgezeichnetes Bauholz bei relativ kurzer Wuchszeit und gute Anwachsergebnisse bei Aufpflanzung sowie gute natürliche Reproduktion – machten das Risiko des Totalausfalls wett. Zu sagen ist außerdem, dass angesichts der Monokultur der Fichte immer die Gefahr von massivem Borkenkäferbefall bestand. Deswegen wurde bei einem punktuellen Befall sofort mit Fällung und Entfernung des Schadholzes reagiert. Keine Mühe wurde gescheut, um die punktuellen Befallsherde aufzuspüren. Erst mit der drastischen Reduzierung der Anzahl Waldarbeiter wurde dies nicht mehr möglich. In den letzten Trockenjahren mußte es deswegen zur Massenvermehrung des Borkenkäfers kommen. Der Niedergang der Fichtenwälder ist weniger eine Folge der stattfindenden Klimaveränderung, sondern er ist in erster Linie wohl eine Folge von unbewußten Bewirtschaftungsfehlern.
Zur Biologie vieler Baumarten gehört, dass das Wurzelsystem alter Bäume nicht einem absinkenden Grundwasserspiegel nachwachsen kann. Sinkt dieser über längere Zeit ab, reagieren Altbäume mit dem partiellen oder vollständigen Absterben. Diese leidvolle Erfahrung hat man insbesondere beim Aufschluss neuer Braunkohlentagebaue machen müssen. Dies hat aber auch zum massiven Absterben der Altbuchen im Quedlinburger Brühl geführt, obwohl der Grundwasserpegel in den letzten Trockenjahren vermutlich nur um ca. 50 cm abgesunken ist. So ist wohl auch das Absterben vieler alter Buchen in den Forsten des Unterharzes zu erklären.
Dieses Absterben wird gleichzeitig von einem üppigen Wachstum z. B. junger Buchenbestände begleitet. Hier macht sich offensichtlich der erhöhte CO2-Gehalt in der Luft positiv bemerkbar. CO2 ist für Pflanzen unverzichtbar, um organische Masse zu bilden. Der natürliche CO2- Gehalt der Luft reicht bei vielen Pflanzenarten nicht aus für ein biologisch mögliches optimale Wachstum. Deswegen kann der aktuell erhöhte CO2-Gehalt der Luft ein intensiveres Wachstum z. B. von Gehölzarten bewirken – vorausgesetzt, das kein Wassermangel und keine zu hohen Temperaturen vorliegen. Dazu wird gegenwärtig viel Forschungsarbeit geleistet.
Es lohnt sich sehr – ja es ist eine spannende Aufgabe, aufmerksam das Wachstum unserer wichtigen Baumarten zu beobachten bzw. die Entwicklung von Waldarealen unter den sich verändernden Standortbedingungen. In Mischwaldbeständen kommt es zu natürlichen Verschiebungen im Artenverhältnis. Diese Prozesse laufen sehr langsam ab – sie lassen sich deshalb innerhalb eines Menschenalters kaum beobachten. Ganz anders ist dies bei den aktuellen Kahlflächen. Hier bringt der Mensch neue Baumarten ein, für deren Verhalten in einer sich selbst reproduzierenden Waldgesellschaft kaum Erfahrungen vorliegen oder es erfolgt die Wieder-Aufforstung mit den klassischen Waldbaumarten, die aber mit veränderten Standortbedingungen zurecht kommen müssen. Alle Prozesse - Abholzung, Erstverunkrautung, Auswahl der Baumarten für die Neupflanzung, Pflanzung mit geringer oder intensiver forstlicher Pflege, spontane Arteinwanderung z. B. von benachbarten Altbeständen , Entwicklung der Jungbäume - laufen in einer sehr kurzen Zeitspanne ab. Sie sind deswegen sehr gut zu beobachten und zu dokumentieren.
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Vorbereitung der Rodungsfläche für die Wiederaufforstung
Nicht immer gelingt die Neuanpflanzung ! Sehr gute Entwicklung einer Douglasien-Neupflanzung.
Hier wurden zwischen die Douglasien-Reihen Eichen gepflanzt. Ein weiteres Beispiel für eine 3jährige Neupflanzung.
Eine Fichtenkahlschlagfäche hat sich in ein Meer von Wald -Kreuzkraut (Senecio sylvaticus) verwandelt.
Der Aufwuchs von Himbeeren, Holunder und anderen Gehölzen ist mannhoch. Die Pflanzreihen sind kaum zu erkennen. Ein ferngesteuerter Buschhacker hilft bei der Pflege.
Ich möchte allen am Wald interessierten Naturfreunden vorschlagen, sich einen geeigneten Waldbereich ( Kahlfläche) auszuwählen und für diese Fläche den Prozess der Wiederbewaldung über möglichst viele Jahre in Jahresschritten zu beobachten und in geeigneter Form zu dokumentieren. Dies kann eine spannende Aufgabe für die ganze Familie sein, wenn die Beobachtungen bis zur Hiebreife des neu entstehenden Waldes fortgeführt werden. Ich garantiere tolle Beobachtungsergebnisse beim Erleben des sich verändernden Waldes.