Vögel eignen sich als Markenzeichen sowohl für die Beurteilung des ökologischen Wertes von Gebieten und Regionen als auch für den Nachweis von Veränderungen in Ökosystemen. Solche Veränderungen sind Ausdruck natürlicher Prozesse, sind die Folge von nachhaltigen Veränderungen der Landschaftsnutzung, können aber auch durch Pflegemaßnahmen des Naturschutzes bedingt sein. Für viele Fragen des Naturschutzes ist es notwendig, aktuelle Studien direkt vor Ort durchzuführen, da die Struktur von Vogelpopulationen sehr vielfältig und artabhängig ist und auch ständigen Veränderungen unterliegt. Gleichzeitig sind solche Erhebungen notwendig um festzustellen, inwieweit geplante Eingriffe in Natur und Landschaft Auswirkungen auf die Zusammensetzung von Vogelgemeinschaften haben.
Die Untersuchungsfläche liegt in der Bode-Aue nordöstlich von Quedlinburg, sie gehört zum Nordöstlichen Harzvorland und umfasst 36,1 ha. In der Nähe der Bode finden sich kleine Auwaldreste, vor allem Pappeln und Weiden. Das Gebiet stellt ein kleinteiliges Mosaik von nicht bewirtschafteten Grünlandflächen, kleinen Schilfbeständen entlang der ehemaligen Gräben, Gebüschen, Sekundärwaldbeständen vor allem aus Birken, Büschen und Hochstaudenfluren vor allem aus Brennnesseln dar. Diese Flächen entsprechen der halboffenen, reichstrukturierten Feldflur, insbesondere den Substrukturen Windschutzstreifen, Bahndämme und Klärteichdämme (Abb. 1).
Für die vorliegende Untersuchung der Brutvogelbestände wurde die Revierkartierung als komplexe und zeitlich sehr aufwendige, aber genaue und zuverlässige Methode gewählt. Das umfasste eine feste Laufroute, direkte Eintragung der Beobachtungen bei jeder Begehung auf einer Karte, 10 Begehungen von der 2. Märzdekade bis zur 3. Junidekade ab Sonnenaufgang bis 2 Stunden nach Sonnenaufgang, Die erfassten Daten wurden mit Hilfe des Programmes QGIS digitalisiert, ausgewertet und in Karten dargestellt ( Abb.2).
Insgesamt wurden 199 Brut- und Teilreviere von 49 Vogelarten ermittelt. Dabei wurde der Neuntöter als typische Leitart für den Lebensraum „Halboffene, reich strukturierte Feldflur, Knicklandschaften“ in hoher Dichte festgestellt (Abb.3). Ein hoher Diversitätsindex von 3,58 und eine hohe Gleichförmigkeit der Artenverteilung (Evenness ) von 0,9448 der Brutvogelgemeinschaft unterstreichen den großen naturschutzfachlichen Wert des Untersuchungsgebietes für die heimische Vogelwelt. Des weiteren wurden 61 Brutreviere bzw. Teilreviere von 17 Vogelarten mit besonderem Schutz- bzw. Gefährdungsstatus gefunden. Besonders zu erwähnende Vogelarten sind:
Bluthänfling |
(gefährdet, Rote Liste Sachsen-Anhalt), |
Feldlerche, Kleinspecht, Kuckuck, Mehlschwalbe, Star, Wendehals |
(alle gefährdet, Rote Liste Deutschland und Rote Liste Sachsen-Anhalt), |
Rebhuhn |
(stark gefährdet, Rote Liste Deutschland und Rote Liste Sachsen-Anhalt) und |
Wachtelkönig |
(vom Aussterben bedroht, Rote Liste Deutschland und Rote Liste Sachsen-Anhalt, Abb. 4). |
Weitere 7 gefährdete Arten wurden als Nahrungsgäste bzw. Durchzügler festgestellt.
Wir empfehlen die Erhaltung des Gebietes im gegenwärtigen Zustand als ein Refugium zum Schutz der Vogelwelt der halboffenen, reich strukturierten Feldflur.
Eine umfassende Darstellung der Untersuchungen findet sich im kompletten Bericht, der auch heruntergeladen (gespeichert) werden kann.
Abbildungen: A. Westermann, N. Rußwurm, E. Schliephake