Der Borkenkäfer – ein Steckbrief
Die Fichtenwälder des Harzes sind in kurzer Zeit großflächig abgestorben oder im Absterben begriffen.
Hauptsächlich ist dies verursacht durch den Borkenkäfer, unterstützt durch die Trockenheit und Hitze der letzten Jahre. Dieser kleine Käfer , der unendlichen Schaden anrichtet, wird nachfolgend vorgestellt.
Die Borkenkäfer leben unter der Baumrinde und ernähren sich von dem Bastgewebe, in dem der Baum vor allem die in den Nadeln und Blättern gebildeten Nährstoffe transportiert.
Borkenkäfer sind eine Unterfamilie der Rüsselkäfer (Curculionidae), ohne dass sie einen Rüssel bilden! In Deutschland sind etwas über 100 Arten heimisch. Davon sind nur wenige Arten wie Kupferstecher oder Buchdrucker als Waldschädlinge gefürchtet .
Der Buchdrucker, Ips typographus, so hat ihn Carl von Linné 1758 benannt, hat seinem Namen nach der Form der Fraßgänge unter der Rinde, die an die Zeilen eines Buches erinnern. Die Käfer sind klein, nur bis 5 mm lang. Ihr Körper ist fein behaart und hat eine zylindrische Form Der Kopf ist, bis auf die Fühler, unter dem abgerundeten Halsschild verborgen. Die Flügeldecken am Hinterende sind eingedellt und besitzen an der Kante kleine Zähnchen.
Bevorzugt befällt der Buchdrucker die Fichte, vermehrt sich aber auch an anderen Nadelbäumen. Im Frühjahr, bei Temperaturen ab 16° C, beginnen die überwinterten Käfer ihren Befallsflug. Borkenkäfer lassen sich dabei von einem sehr ausgeklügeltem System von Duftstoffen leiten.
Die Käfermännchen orientieren sich an Duftstoffen der Bäume und fliegen vorwiegend geschädigte Bäume an. Sie bohren sich in die Rinde und legen dort eine sogenannte „Rammelkammer“ an. Zur Verteidigung produzierte Harzinhaltsstoffe der Bäume wandeln die Käfer in Duftstoffe um, die weitere Käfer anlocken. Durch diese erhöhte Angriffsintensität wird letztendlich die Widerstandsfähigkeit des Baumes überwunden. Mit Sexualduftstoffen angelockte Weibchen paaren sich mit den Männchen und fressen, von der Rammelkammer ausgehend, bis 15 cm lange Brutgänge in den Rindenbast. Während die Weibchen den Gang ausfressen, legen sie in regelmäßigen Abständen von wenigen mm jeweils ein Ei in ausgenagte Nischen, insgesamt bis zu 60 Eier. Nicht selten legen die Weibchen nach einem Regenerationsfraß sogar einen weiteren Brutgang mit bis zu 40 Eiern an.
Nach erfolgreicher Paarung und Besiedlung des Baumes beginnen die Käfer einen Duftstoff zu produzieren, der zufliegende Käfer abschreckt und somit die Überbesiedlung des Baumes verhindern soll.
Nach ein bis zwei Wochen schlüpfen aus den Eiern in den Einischen die weißlichen Käferlarven. Die Larven fressen Gänge, die von dem Brutgang wegführen und den Rindenbast weiter zerstören.
Infolge dessen wird in den Bäumen der Nährstofftransport von Krone zur Wurzel gestört und die Bäume werden massiv geschädigt. Nach ca. 3 bis 4 Wochen verpuppen sich die Larven am Ende ihres Fraßganges in einem ovalen Larvenbett und nach weiteren 2 Wochen Puppenruhe schlüpfen die anfangs hellbraunen Jungkäfer.
Sie fressen noch einige Zeit im Rindenbast (Reifefraß). Danach bohren sie sich durch die Borke ins Freie und schwärmen auf der Suche nach neuen Bäumen, die sie befallen können, aus. Ein Teil der Käfer reagiert sofort auf die Duftstoffe der nächsten Bäume in der Umgebung und fliegt diese an. Ein anderer Teil reagiert anfangs kaum auf solche Düfte und fliegt bis zu einigen 100 m. Sie fliegen bevorzugt bei Windstille, können jedoch durch auftretende Winde auch noch viel weiter verfrachtet werden.
Die gesamte Entwicklungsdauer einer Käfergeneration ist sehr abhängig von der Temperatur, so dass in einem warmen Jahr bis zu drei Generationen möglich sind. Damit können aus der Brut eines einzelnen Borkenkäferweibchens sich über 100000 Nachkommen entwickeln!
Die Larven, Puppen und Käfer der letzten Generation überwintern in ihren Fraßgängen, bereits ausgeborte Käfer können auch im Streu am Fuß der Bäume überwintern. Borkenkäfer überwintern nur einmal, bei der Bildung mehrere Generationen leben sie nur einige Monate.
Unter standortgerechten Bedingungen kann sich eine gesunde Fichte durchaus einem übermäßigen Käferbefall erwehren, indem sie zur Abwehr giftige sekundären Pflanzenstoffen (z. B. Terpenoide) bildet und mit ihrem Harz die Fraßgänge der Käfer flutet und verklebt. Diese Abwehr versagt jedoch bei geschwächten Bäumen, etwa infolge anhaltender Trockenheit und Hitze, wenn der Waldboden der flachwurzelnden Fichte keine ausreichende Feuchtigkeit bietet. Stehen die Fichten zudem noch großflächig in Monokultur, können sich die Borkenkäfer massenhaft vermehren. Sie verursachen dann die Schäden, die wir gegenwärtig erleben.
Wichtig zu wissen:
Der Borkenkäfer ist kein neuer Schädling, er ist schon immer ein Bewohner des Fichtenwaldes. Bereits in den Jahren 1773-1786 wurde von einer Borkenkäferkalamität, genannt die „Große Wurmtrocknis“ berichtet (Dierschke and Knoll, 2002). Auch 1947/1948 kam es zu einer enormen Vermehrung des Borkenkäfers, verbunden mit entsprechenden Waldschäden. Erfahrenen Forstleuten war immer bewusst, dass die Anpflanzung der nicht standortgerechten Fichte im Harz mit einem hohen Risiko verbunden ist.
Mehr Infos zum Borkenkäferbefall
Alle Abbildungen: E. Schliephake