Kamelhalsfliegen und ihre Verwandtschaft
Zum Insekt des Jahres2022 wurde die Schwarzhalsige Kamelhalsfliege (Venustoraphidia nigricollis) ausgewählt.
Die Kamelhalsfliegen, wissenschaftlich Raphidioptera genannt, sind geflügelte Insekten, aber keine Fliegen (Diptera)! Im Vergleich zu anderen Insektenordnungen sind sie eine recht kleine und wenig bekannte Insektengruppe und in Deutschland mit lediglich 10 Arten vertreten.
Auf Grund ihrer auffälligen Flügeläderung zählt man sie zur Gruppe der Netzflüglerartigen. Zu dieser Gruppe gehören weiterhin die eigentlichen Netzflügler (Neuroptera), wie z. B. Florfliegen oder Schmetterlingshafte.
Weiterhin sind die sogenannten Großflügler (Megaloptera), wie z. B. die Schlamm- oder Wasserflorfliegen zugehörig.
Die meisten Arten der Kamelhalsfliegen sind weniger als 2 cm lang. Bei näherer Betrachtung fällt das stark verlängerte vordere Brustsegment und der lange, flache Kopf auf. Beide sind sehr beweglich und werden oft über der Körperebene gehalten, womit sich die Namensgebung dieser Tiere erklärt. Die Komplexaugen sind halbkugelig und liegen vorn am Kopf. Ihre 4 durchsichtigen Flügel sind dunkel geädert. In der Ruhestellung werden sie dachartig über dem meist dunkel gefärbtem Körper getragen. An den Weibchen fällt die fast körperlange, biegsame Legeröhre am Hinterleibsende auf. Wie aus Fossilfunden und Bernsteineinschlüssen bekannt, lebten Kamelhalsfliegen mit ihrer charakteristischen Form schon zur Zeit der Saurier und haben sich seitdem nur wenig verändert.
Die Kamelhalsfliegen sind tagaktiv und fliegen im späten Frühjahr, etwa Mai bis Juni. Ihr Lebensraum ist das Blattwerk von Büschen und Bäumen bis zum Kronenbereich. Sie ernähren sich räuberisch, vorwiegen von Blattläusen.Auch ihre langgestreckten Larven jagen, meist an der Baumrinde, Blattläuse und andere kleine Insekten und ihre Stadien. Durch deren Vertilgen wie z. B. von Larven und Käfern des Borkenkäfers oder Eiern forstschädlicher Schmetterlinge, sind es für den Forstschutz sehr nützliche Insekten.Die Larvenentwicklung dauert meist 2 bis 3 Jahre mit zwischen 9 und 15 Häutungen, bevor sie sich in Rindenspalten verpuppen und im Frühjahr schlüpfen.
Die erwachsenen Tiere leben nur wenige Wochen, in denen sie sich paaren und ihre Eier ablegen müssen.
Abb.: Dr. E. Schliephake