Floristische Beobachtungen im Sommer 2022
In Zusammenhang mit dem Bau der B 6n – der heutigen A 36 – wurden Maßnahmen der Flurneuordnung realisiert. Diese beinhalten auch eine Bereitstellung von Flächen für Maßnahmen des Natur- und Umweltschutzes. Konkret wurde ein Streifen bisheriger landwirtschaftlicher Nutzfläche entlang des Naturschutzgebietes Harslebener Berge – Steinholz aus der regulären Ackernutzung herausgenommen und der natürlichen Sukzession überlassen. Es ist heute nicht mehr ganz klar, welches vorrangige Ziel dabei verfolgt wurde. In Betracht kommen der nachhaltige Schutz seltener Ackerwildkräuter, die in diesem Bereich Vorkommen besitzen oder die Entwicklung von Trockenrasengesellschaften. Zu erwarten ist, dass ohne Schaf-und Ziegenhutung auf lange Sicht gesehen eine Verbuschung der Stilllegungsfläche einsetzt. In den ersten Jahren nach der Stilllegung breite sich auf den gut mit Nährstoffen versorgten Flächen der Löwenzahn aus. Im Frühjahr erstrahlten die Flächen im satten Gelb. Heute bietet sich ein anderes Bild. Die aktuelle Artenzusammensetzung zeigt, dass noch nicht erkennbar ist, in welche Richtung die natürliche Sukzession führt. Es sind Vertreter der Trockenrasengesellschaft zu finden, aber auch Arten, die zu den Saumgesellschaften gehören oder gar für ruderale Bereiche ( nährstoffreiche Siedlungsbereiche) typisch sind. Es überwiegt zum Teil das Bild einer bunt blühenden Wiesensteppe. An anderen Stellen in Ackerrandnähe breiten sich immer mehr Glatthaferbestände (Arrhenatherum elatius) aus , die konkurrenzschwache Arten völlig verdrängen. Es ist deutlich zu erkennen, dass alle Ackerwildkräuter Verlierer der Stilllegung sind – ihr Erhalt erfordert eine extensive Ackernutzung mit gelegentlicher Bodenbewegung ohne Düngereintrag und ohne Pestizidbehandlung. Nur an einer Stelle fanden wir bei einer Exkursion der IG Ornithologie und Naturschutz einen gut entwickelten kleinen Bestand von Feldrittersporn (Consolida regalis) Hier war der Boden durch die Drillschare bewegt worden, ohne dass eine dichte Getreideansaat erfolgte – ein typischer Vorgewende-Bereich. Die trockenen letzten Jahre haben die Verbreitung der Gelben Skabiose (Scabiosa ochroleuca) und der Sichelmöhre ( Falcaria vulgaris) sehr begünstigt. Häufiger ist der in Deutschland sehr seltene Windsbock (Rapistrum perenne) geworden, eine typische Pflanze der mitteldeutschen Lößtrockengebiete, deren oberirdische Teile als Pflanzenball vom Wind über die unverbuschte Fläche getrieben werden. Bemerkenswert ist die begonnene Einwanderung des Adonisröschens (Adonis vernalis)in die Stilllegungsflächen – aber nur dort, wo es einen Altbestand reichlich blühender Pflanzen gibt. Der Baumbestand der Südseite des Steinholzes ist besonders stark durch den Florenwechsel geprägt. Viele Altkiefern sind abgestorben. Dazwischen stehen in üppigem Grün junge Traubeneichen (Quercus petraea), die hier natürliche Standorte hat. Es ist sicher richtig, die umgefallenen Altkiefern nicht zu beräumen. Sie sind ein Schutz für junge Eichen und eine noch viele Jahre fließende Nährstoffquelle. Für die Verbreitung der Eichen sorgt der Eichelhäher. Für die schnelle und durchgängige Wiederbegrünung ist aber auch eine gezielte Ansaat der Traubeneiche erforderlich. Dies hat die Stadt Quedlinburg auch vor. Es zeichnet sich ab, dass auch junge Eichen in diesem Jahr viele Früchte (Eicheln) tragen werden = Mastjahr. Dies sollte für die geplante Ansaat genutzt werden.
Stilllegungsfläche am Fuß der Harslebener Berge (NSG) Stilllegungsfläche am Rande des Steinholzes(NSG)
Sichelmöhre Gelbe Flockenblume
Windsbock Ackerrittersporn
Dichter Glatthaferbestand Ein Adonisröschen am bisherigen Ackerrand
Abgestorbene Kiefer Kräftiges Wachstum der Traubeneichen