Der deutsche Wald entlastet laut Kohlenstoffinventur 2017 die Atmosphäre jährlich um rund 62 Mio. Tonnen Kohlendioxid. Damit kompensiert er ca. 7 % der Emissionen in Deutschland. Der Wald und jeder Einzelbaum ist damit das wichtigste natürliche Instrument zur Entnahme von Kohlendioxid aus der Atmosphäre. Das Besondere dabei ist, dass die entsprechende Kohlenstoffmenge langfristig aus dem CO2-Kreislauf entnommen und festlegt wird. Diese Entnahme funktioniert jahraus, jahrein und im Gegensatz zu eventuellen technischen Verfahren praktisch kostenfrei. Deswegen ist jeder m² Waldfläche so wertvoll und muß deswegen als Waldfläche erhalten werden. Deswegen haben sich die Mitglieder der IG Ornithologie und Naturschutz Quedlinburg an Landrat Balcerowski mit der Bitte um Unterstützung dafür gewendet zu verhindern, das Waldflächen im Harz zu Standorten für Windenergieanlagen umgewandelt werden. An Landrat Balcerowski wurde folgendes Schreiben gerichtet:
Sehr geehrter Herr Landrat Balcerowski,
vor einiger Zeit war in der Mitteldeutschen Zeitung den Harz betreffend die Meinung zu lesen, dass die erheblichen Kahlschlagflächen wohl für lange Zeit in einem wüsten Zustand verbleiben würden und dass deswegen zu prüfen wäre, ob derartige Flächen nicht für die Aufstellung von Windenergieanlagen genutzt werden könnten. Wir möchten Ihnen dazu nachfolgend unsere Beobachtungen und unseren Standpunkt mitteilen.
Als Naturschützer beobachten wir sehr aufmerksam das Geschehen in der Natur und vor allem auch in den Wäldern des Harzes. Wir haben mitgelitten, als durch das Sturmgeschehen des Orkans Kyrill (18. Januar 2007) an den Harzwäldern große Schäden entstanden waren und sich ein ähnliches Geschehen bedingt durch den schweren Sturm Friederike im Januar 2018 wiederholte. Diese Schäden wurden alle übertroffen durch die Borkenkäferkalamität, die seit 2020 – vor allem in Verbindung mit der Niederschlagsarmut der letzten Jahre - den Harzwäldern im ungeahnten Maße zugesetzt hat.
Als Naturschützer sehen wir nicht nur die großen jetzt baumfrei gewordenen Flächen, sondern auch die Bemühungen der Waldbesitzer um die Wiederaufforstung der betroffenen Flächen, die bereits nach dem Sturmgeschehen von 2007 eingesetzte haben und nun fortgesetzt werden. Wir sehen die Erfolge dieser Arbeit, wir sehen auch die Probleme, die dabei zu lösen sind und wir sehen auch partielle Mißerfolge. Wir erleben aber vor allem die gewaltige Dynamik der natürlichen Wiederbewaldung, die natürlich Zeit erfordert.
Unsere Beobachtungen können so zusammengefasst werden: Der Wald lebt !
Natürlich hat er dabei sein eigenes biologisches Zeitmaß.
Es ist nicht so, dass die Kalamitäten der letzten Jahre für Jahrzehnte Brachflächen hinterlassen. Es besteht kein Anlass dafür, für diese vermeintlich wüsten Flächen neue Nutzungen zu suchen, z. B. für die Errichtung von Windenergieanlagen. Wir wenden uns als Bürger des Harzkreises und als Naturschützer entschieden dagegen, Windenergieanlagen oder Solaranlagen auf temporär baumfreien Flächen innerhalb der Harzwaldflächen zu errichten. Damit würde das komplexe biologische Funktionieren des wieder heranwachsenden Waldes mit seiner Tier- und Pflanzenwelt empfindlich gestört und dauerhaft in Frage gestellt werden. Die großflächigen und unverbauten Waldungen des Harzes sind gleichzeitig von enormer und wachsender Bedeutung für die touristische Wertigkeit unserer Region. Diese Wertigkeit darf ebenfalls nicht in Frage gestellt werden. Dabei ist immer zu berücksichtigen, dass Windenergieanlagen oder auch Solaranlagen nicht für einen kurzen Nutzungszeitraum errichtet werden, sondern mit ihrer Existenz Bestandschutz erreichen.
Bei der Abwägung der Flächennutzung als Lebensraum Wald und/oder touristischer Erlebnisbereich oder als Standort für die Gewinnung regenerativer Energie lassen wir uns auch von den Pressemitteilungen leiten, wonach Sachsen-Anhalt mit den vorhandenen Anlagen bereits überschüssige regenerative Energie produziert.
Sehr geehrter Herr Landrat Balcerowski,
bitte setzten Sie sich dafür ein, dass nicht der neu heranwachsende Wald dauerhaften Schaden erleidet durch den Bau insbesondere von Windenergieanlagen auf jetzt vermeintlich langfristig geschädigten Waldflächen. Wir fordern den Fortbestand des Schutzes von Waldflächen und Flächen in Landschaftsschutzgebieten vor einer Errichtung von Windenergieanlagen.
Jungwald nach dem Sturmschaden von 2007 (mit hohem Anteil 2022 bereits fruchtender Esskastanien)