Kopf Saatzucht neu

Schon zu Zeiten von Kolumbus gab es rote und gelbe Tomaten. Der vom Erstbeschreiber Pietro Andrea Mattioli verwendete Name „pomi d’oro“ gleich Goldapfel deutet darauf hin, dass die gelben Tomaten damals einen stärkeren Eindruck hinterließen. Heute gibt es daneben Früchte in rosa, orange, dunkelrot bis braun, grün, blau schwarz und gestreift. Diese Vielfalt trägt sicher zur Sammelleidenschaft zahlreicher Gärtnerinnen und Gärtner bei. Zumal unterschiedliche Farben auch mit differierendem Geschmack verbunden sind. So sind gelbe Tomaten generell milder als rote Tomaten, da ihnen der typische, floral und würzig schmeckende Farbstoff Lycopin fehlt und der Gehalt an Carotinoiden insgesamt geringer ist.

Typisch tomatenrot oder rosa?

Letztlich entsteht die Farbe der Früchte aus dem Zusammenspiel von Fruchthaut und Fruchtfleisch. Die rote Farbe des Fruchtfleisches entsteht durch das Carotinoid Lycopin, das sich während der Reifung bildet, während das Chlorophyll allmählich abgebaut wird.  Die Pflanze will mit der roten Farbe potentielle Samenverbreiter auf ihre Früchte aufmerksam machen. Für uns ist der rote Farbstoff ein wertvoller Radikalenfänger, der vor Krebserkrankungen oder Herz-Kreislauf-Störungen schützt. Gleichzeitig wird während des Reifeprozesses die Fruchthaut durch ein Flavonoid gelb gefärbt. Treffen rotes Fruchtfleisch und gelbe Fruchthaut aufeinander entsteht die typisch tomatenrote Frucht. Fehlt jedoch die gelbe Farbe in der Fruchthaut, bleibt die Epidermis farblos und die Früchte erscheinen blassrosa, rosarot oder auch violettrot.

Rotbraune Tomaten (Beet 18, Tomatengarten)

Bei rotbraunen oder dunkelfrüchtigen Tomaten wird das Chlorophyll nicht, wie oben beschrieben, während der Reifung abgebaut und das Grün überlagert sich mit dem Rot des Lycopins und ergibt die charakteristische dunkelrote bis braune Farbe. Diese dunkelfrüchtigen Tomaten sind mindestens seit 1956 bekannt und spontan durch Mutation in einer kommerziellen Sorte entstanden. Weil es aufmerksame Züchter gibt, wurde diese Veränderung aufbewahrt und in viele andere Sorten eingekreuzt. Typisch für rotbraune Tomaten ist ein höherer Zuckergehalt und ein intensiver Geschmack.

Grüne Tomaten (Beet 19, Tomatengarten)

Reife grüne Tomaten sind so wenig giftig wie andere reife Tomaten, denn das bittere Solanin wird auch bei ihnen ordnungsgemäß abgebaut. Das trifft aber nicht für das grüne Chlorophyll zu. Rote, gelbe, orange Tomaten recyceln das wertvolle, im Chlorophyll enthaltene Magnesium und schicken es in wachsendes Gewebe. Grüne, aber auch braune Tomaten arbeiten nicht so nachhaltig und die grüne Farbe bleibt erhalten. Schuld daran ist eine Mutation im sogenannten „stay green“-Gen, und wenn diese Mutation auf eine gelbe Tomate trifft, ergibt das eine grüne Frucht. Oder wie beim „Smaragdapfel“ eine schöne gelbgrüne Färbung (Abb. 2). Die bekannteste Sorte dieser Gruppe ist die „Green Zebra“, die 1983 von Tom Wagner in den USA gezüchtet wurde. Hier wird die grüne Farbe noch mit einer anderen Mutation kombiniert, die für Farbstreifen auf der Frucht sorgt. Und damit sind wir bei einer ebenfalls recht neuen „Erfindung“, den gestreiften Tomaten.

2 Smaragdapfel

Abb. 2: Sorte „Smaragdapfel“ aus Russland (Foto: Andrea Poltersdorf)

 

Gestreifte Tomaten (Beet 20 und 21, Tomatengarten)

Laut Recherchen von Jürgen Müller-Lütken erschien eine gestreifte Tomate zum ersten Mal 1951 in einem Bericht des Pennsylvania State College in den USA. Ein Gärtner aus der Umgebung soll die Mutation auf seinem Feld gefunden haben und brachte den Samen in die Gartenbauabteilung, wo sich die beiden Wissenschaftler R. E. Larson und B. L. Pollack mit Mutationszüchtung bei Tomaten beschäftigten. Sie nannten das Gen „green stripe“. Wie schon die Mutation im „stay green“-Gen wurde es in zahlreiche Tomatensorten eingekreuzt. Die erste Sorte mit größerer Bedeutung war die „Tigerella“ von 1972/73, der Züchter ein Herr Darby aus Littlehampton am Ärmelkanal. Das ist gar nicht weit entfernt von der Guernsey Insel, von der die grün gestreifte Tomate „Guernsey Island“ (Abb. 3) stammt. Für die weitere Verbreitung der gestreiften Tomaten sorgte dann u.a. Tom Wagner („Green Zebra“), der schon deshalb viele sehr wohlschmeckende Tomaten züchtete, weil er in seinem Zuchtprogramm viele traditionelle Heirloom-Tomatensorten verwendete.

3 Guernsey Island

Abb. 3: Sorte „Guernsey Island“ aus dem dortigen Heimatmuseum (Foto: Regina Hartmaier)

 

Blaue Tomaten (Beet 22 und 23, Tomatengarten)

Wer eine blaue Tomate in seinem Garten anbaut, kann sicher sein, dass er etwas ganz Modernes erhält. Blaue Tomaten (manchmal auch als schwarz oder lila bezeichnet) gibt es erst seit 2012. Die erste wirklich blaue Tomate war die „Indigo Rose“ (Abb. 4) vom Züchter Jim Myers aus der Oregon State University. Die blaue Farbe entsteht durch Anthocyane in der Fruchthaut. Im Fruchtfleisch sind sie nicht enthalten, daher ist der Anthocyangehalt gering – nur etwa ein 20zigstel des Gehalts von Blaubeeren.

Und wie kamen nun die Anthocyane in die Tomate? Diesmal sind nicht Mutationen verantwortlich, sondern Einkreuzungen aus den Wildformen Solanum chilense, S. cheesemanii und S. peruvianum. Die eingeführten Gene verstärken gegenseitig die Färbung und sorgten wohl auch für den etwas strengen Geschmack in den ersten Sorten. Durch Rückkreuzung mit gut schmeckenden Kulturtomaten wird versucht, dieses Problem in den Griff zu bekommen.

4 Indigo Rose

Abb. 4: Sorte „Indigo Rose“, die erste blaue Tomate (Foto: Klaus Peter Schurz)

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