Ein weiteres Vorkommen der Waldtulpe (Tulipa sylvestris) in der Region Quedlinburg
Seit einiger Zeit ist bekannt, dass es an der Straße von Harsleben nach Westerhausen ein Vorkommen der Waldtulpe gibt. Es befindet sich dort, wo von Harsleben bzw. Quedlinburg kommend, rechts von der Straße die Ackerflächen an die Waldfläche stoßen. In diesem Jahr zeigen sich hier viele blühende Exemplare (Abb. 1).
Im Bereich dieser Fläche wurden leider auch Holzhäckselmassen und sonstiger Abfall entsorgt. Dies hat natürlich den Bestand beeinträchtigt. Es droht auch ein Überwachsen des Bestandes durch viele Jungbäume. Sicher im Zuge der letzten Straßenbaumaßnahmen gelangten auch einige Zwiebeln in den Bereich der unmittelbaren Straßenböschung. Hier kann sich ein neues Teilvorkommen etablieren. Die Waldtulpe zeichnet sich im Gegensatz zu anderen Wildtulpenarten dadurch aus, dass nicht blühfähige Zwiebeln einen hohlen Trieb ausbilden, der nicht senkrecht nach unten wächst ( bis die neue Zwiebel für das nächste Jahr eine für sie optimale Tiefe gefunden hat), sondern waagerecht von der Ausgangszwiebel fort. Am Ende des hohlen Triebes wird die Zwiebel für das Folgejahr angelegt. An der Basis der alten Zwiebel kann außerdem eine Tochterzwiebel gebildet werden. Im günstigsten Fall kann sich die Anzahl der Zwiebeln eines Bestande auf diese Art und Weise jährlich verdoppeln. Der recht komplizierte vegetative Vermehrungsvorgang wurde von JÄGER 1973 ausführlich beschrieben: https://www.zobodat.at/pdf/Hercynia_10_0429-0448.pdf
Der seitlich wachsende Trieb erreicht in der Regel eine Länge von 10 bis 25 cm. Um diesen Betrag kann sich ein Bestand der Waldtulpe jährlich seitlich ausdehnen. Selbst unter optimalen Bedingungen (Gartenland) wird dieser Betrag nur selten erreicht (Abb. 2).
Eine Vermehrung über Samen ist möglich. In der freien Natur wird sie eher nicht wirksam. T. sylvestris ist eine autotetraploide Form. Hier ist mit geringen Keimquoten der Samen zu rechnen. Außerdem blüht in der Regel nur ein sehr geringer Anteil der vorhandenen Pflanzen.
Eine Kontrolle des oben beschriebenen Standortes ergab eine Überraschung, Er setzt sich auch auf der linken Strassenseite in einem Jungwaldbereich fort (Abb. 3). Es ergibt sich die Frage nach der Herkunft des Bestandes. Konnte zunächst vermutet werden, dass er auf Gartenabfälle zurückzuführen ist, muß jetzt eher angenommen werden, dass ursprünglich ein geschlossenes Vorkommen bestand , was beim Erstbau der Straße von Westerhausen nach Harsleben durchtrennt wurde. Offen bleibt, wann und wie der vermutete primäre Bestand entstanden ist.